Berkersheim/Harheim. Um kurz nach neun Uhr am
Sonntagmorgen ist an der Sportanlage Harheim kaum noch ein Parkplatz zu
bekommen. Zum 12. Mal hat der TSV Berkersheim zum „Berkersheimer Dorflauf“
eingeladen, und rund 400 Sportler warten bereits ungeduldig auf den Startschuss
um zehn Uhr.
„Mindestens die Hälfte der Leute hier kenne ich“, schätzt
Gerhard „Gerry“ Timmermann, Leiter der Marathon- und Langstreckenabteilung des
TSV. 458 Läufer sind in diesem Jahr gemeldet, davon 375 für den Hauptlauf über
zehn Kilometer, 43 für den Jedermannslauf über 5 Kilometer, 23 für den
2,5-Kilometer-Schülerlauf und 17 für das Walking über fünf Kilometer. 1998 hat
Timmermann den ersten Dorflauf zur 1200-Jahres-Feier von Berkersheim geplant,
bei dem es ursprünglich auch bleiben sollte – die Resonanz war jedoch so groß,
dass Timmermann ihn nun zum 12. Mal organisiert.
Einmal haben es die
Berkersheimer mit einem Sponsor für Preisgelder versucht, aber da schnappten
Profis den Teilnehmern aus den Vereinen die Plätze weg. Für den TSV stand danach
fest: Der Dorflauf soll seine familiäre Atmosphäre behalten. Dass der
Berkersheimer Dorflauf noch ein Volkslauf im Wortsinn ist, zeigt auch die
Altersstruktur der Läufer: Acht Jahre alt sind die jüngsten Teilnehmer am
Schülerlauf, der älteste im Hauptlauf ist 75 Jahre alt.
Auch Manfred Wind
schätzt die Familientreff-Stimmung beim Berkersheimer Dorflauf. Der Betreuer der
Marathonabteilung des Ginnheimer Lauftreffs ist in diesem Jahr mit 31 Läufern am
Start. Die Ginnheimer konnten die letzten fünf Jahre in Folge einen besonderen
Preis abräumen: Als größtes Team im Feld war ein Blech Kuchen für sie
reserviert.
Natürlich haben sich die Teilnehmer auch sportliche Ziele
gesteckt: Henrik Ravi Goel etwa, Startnummer 122, will die Zeit seines Debüts
beim letzten Dorflauf unterbieten. „Da habe ich 46 Minuten gebraucht, diesmal
will ich schneller sein“, sagt der 29-Jährige. Für Karen Jürgens, die zum ersten
Mal dabei ist, steht dagegen das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund: „Mir soll
das Laufen Spaß machen – ich würde zwar gerne unter 70 Minuten bleiben, aber
wenn es so heiß ist, bin ich da nicht allzu ambitioniert.“ Ihr Mann Boris hat da
schon mehr Ehrgeiz – schließlich tritt er auch gegen seinen Schwiegervater an.
Der allerdings läuft schon seit 20 Jahren Marathon, „da habe ich keine
Chance“.
An der Strecke hat Gudrun Bär den Wasserstand aufgebaut. Die
Wirtin der Gaststätte Lemp in Berkersheim und ihre Helfer versorgen die Läufer
bei Kilometer sieben mit Wasser in Pappbechern. Eine Gartendusche verschafft
Abkühlung. Das Austeilen und vor allem das Einsammeln der Becher ist für sie
Ehrensache – schließlich sind die Läufer des TSV häufig zu Gast bei ihr. Um
10.15 Uhr treffen die ersten Sportler im Berkersheimer Ortskern ein. Dort haben
Marianne und Alfred Boß Logenplätze: Direkt vor ihrem Gartentor läuft das Feld
vorbei, und die beiden, selbst seit gut 50 Jahren Mitglieder des TSV, begrüßen
jeden Läufer mit Applaus. „Wir sind die Fankurve“, schmunzelt Marianne Boß, „man
muss die Leute ein bisschen aufmuntern, wenn sie sich so anstrengen.“ Die
Sportler freut's – sie grüßen freundlich oder bedanken sich per
Handzeichen.
Nach gut anderthalb Stunden erreicht der letzte Läufer das
Ziel an der Harheimer Sportanlage. Die Hitze hatte einigen zu schaffen gemacht,
dem Ginnheimer Henrik Goel ist sie lieber als nasses Wetter: „Bei Regen zu
laufen, finde ich persönlich unangenehmer.“ Seine Wunschzeit hat er dennoch
nicht erreicht: „Dieses Jahr scheine ich bei allen Läufen eine Minute länger zu
brauchen.“ Richtig ärgern kann er sich darüber aber nicht, ist sein sportlicher
Erfolg doch alles andere als selbstverständlich: Nach einem Verkehrsunfall als
Kind ist Goel zu 80 Prozent schwerbehindert.
„Superhappy“ ist dagegen
Karen Jürgens: Statt wie geplant in 70 Minuten schaffte sie die Strecke in 65
Minuten. Auch Boris Jürgens kann mit einer Erfolgsmeldung aufwarten. „Ich bin
die Strecke das erste Mal in weniger als 50 Minuten gelaufen“, erzählt er stolz
– dabei war es ihm eigentlich „zu warm und zu hügelig.“ Den Schwiegervater hat
er wieder nicht eingeholt.
Die Plätze auf dem Treppchen hatten sich indes
andere gesichert. Mit einer Zeit von 34:39 Minuten sicherte sich Lars
Pintschovious von „Skills 04 Frankfurt“ im Hauptlauf den ersten Platz bei den
Männern, schnellste Frau war Vereinskameradin Jenny Schulz mit 39:48 Minuten.
Alexander Jüngst (Kinderlauftreff Schlossborn) war erster Läufer, Annette Graf
(TV Schlossborn) schnellste Läuferin des Jedermannslaufs. Den Kinderlauf
gewannen Marius Krömer (LG Neu-Isenburg Heusenstamm) und Lea Blatz (TV
Salmünster), das Walking Lennart Bornitz und Bettina Moezodine vom Ginnheimer
Lauftreff. Auf den Kuchen hatten die Ginnheimer indes vergeblich gehofft: Er
ging in diesem Jahr an den LT Bruchköbel, der mit 35 Teilnehmern angetreten war.
(so)