26.06.2006
Berkersheim/Harheim. Um kurz n...
Berkersheim/Harheim. Um kurz nach neun Uhr am Sonntagmorgen ist an der Sportanlage Harheim kaum noch ein Parkplatz zu bekommen. Zum 12. Mal hat der TSV Berkersheim zum „Berkersheimer Dorflauf“ eingeladen, und rund 400 Sportler warten bereits ungeduldig auf den Startschuss um zehn Uhr.

„Mindestens die Hälfte der Leute hier kenne ich“, schätzt Gerhard „Gerry“ Timmermann, Leiter der Marathon- und Langstreckenabteilung des TSV. 458 Läufer sind in diesem Jahr gemeldet, davon 375 für den Hauptlauf über zehn Kilometer, 43 für den Jedermannslauf über 5 Kilometer, 23 für den 2,5-Kilometer-Schülerlauf und 17 für das Walking über fünf Kilometer. 1998 hat Timmermann den ersten Dorflauf zur 1200-Jahres-Feier von Berkersheim geplant, bei dem es ursprünglich auch bleiben sollte – die Resonanz war jedoch so groß, dass Timmermann ihn nun zum 12. Mal organisiert.

Einmal haben es die Berkersheimer mit einem Sponsor für Preisgelder versucht, aber da schnappten Profis den Teilnehmern aus den Vereinen die Plätze weg. Für den TSV stand danach fest: Der Dorflauf soll seine familiäre Atmosphäre behalten. Dass der Berkersheimer Dorflauf noch ein Volkslauf im Wortsinn ist, zeigt auch die Altersstruktur der Läufer: Acht Jahre alt sind die jüngsten Teilnehmer am Schülerlauf, der älteste im Hauptlauf ist 75 Jahre alt.

Auch Manfred Wind schätzt die Familientreff-Stimmung beim Berkersheimer Dorflauf. Der Betreuer der Marathonabteilung des Ginnheimer Lauftreffs ist in diesem Jahr mit 31 Läufern am Start. Die Ginnheimer konnten die letzten fünf Jahre in Folge einen besonderen Preis abräumen: Als größtes Team im Feld war ein Blech Kuchen für sie reserviert.

Natürlich haben sich die Teilnehmer auch sportliche Ziele gesteckt: Henrik Ravi Goel etwa, Startnummer 122, will die Zeit seines Debüts beim letzten Dorflauf unterbieten. „Da habe ich 46 Minuten gebraucht, diesmal will ich schneller sein“, sagt der 29-Jährige. Für Karen Jürgens, die zum ersten Mal dabei ist, steht dagegen das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund: „Mir soll das Laufen Spaß machen – ich würde zwar gerne unter 70 Minuten bleiben, aber wenn es so heiß ist, bin ich da nicht allzu ambitioniert.“ Ihr Mann Boris hat da schon mehr Ehrgeiz – schließlich tritt er auch gegen seinen Schwiegervater an. Der allerdings läuft schon seit 20 Jahren Marathon, „da habe ich keine Chance“.

An der Strecke hat Gudrun Bär den Wasserstand aufgebaut. Die Wirtin der Gaststätte Lemp in Berkersheim und ihre Helfer versorgen die Läufer bei Kilometer sieben mit Wasser in Pappbechern. Eine Gartendusche verschafft Abkühlung. Das Austeilen und vor allem das Einsammeln der Becher ist für sie Ehrensache – schließlich sind die Läufer des TSV häufig zu Gast bei ihr. Um 10.15 Uhr treffen die ersten Sportler im Berkersheimer Ortskern ein. Dort haben Marianne und Alfred Boß Logenplätze: Direkt vor ihrem Gartentor läuft das Feld vorbei, und die beiden, selbst seit gut 50 Jahren Mitglieder des TSV, begrüßen jeden Läufer mit Applaus. „Wir sind die Fankurve“, schmunzelt Marianne Boß, „man muss die Leute ein bisschen aufmuntern, wenn sie sich so anstrengen.“ Die Sportler freut's – sie grüßen freundlich oder bedanken sich per Handzeichen.

Nach gut anderthalb Stunden erreicht der letzte Läufer das Ziel an der Harheimer Sportanlage. Die Hitze hatte einigen zu schaffen gemacht, dem Ginnheimer Henrik Goel ist sie lieber als nasses Wetter: „Bei Regen zu laufen, finde ich persönlich unangenehmer.“ Seine Wunschzeit hat er dennoch nicht erreicht: „Dieses Jahr scheine ich bei allen Läufen eine Minute länger zu brauchen.“ Richtig ärgern kann er sich darüber aber nicht, ist sein sportlicher Erfolg doch alles andere als selbstverständlich: Nach einem Verkehrsunfall als Kind ist Goel zu 80 Prozent schwerbehindert.

„Superhappy“ ist dagegen Karen Jürgens: Statt wie geplant in 70 Minuten schaffte sie die Strecke in 65 Minuten. Auch Boris Jürgens kann mit einer Erfolgsmeldung aufwarten. „Ich bin die Strecke das erste Mal in weniger als 50 Minuten gelaufen“, erzählt er stolz – dabei war es ihm eigentlich „zu warm und zu hügelig.“ Den Schwiegervater hat er wieder nicht eingeholt.

Die Plätze auf dem Treppchen hatten sich indes andere gesichert. Mit einer Zeit von 34:39 Minuten sicherte sich Lars Pintschovious von „Skills 04 Frankfurt“ im Hauptlauf den ersten Platz bei den Männern, schnellste Frau war Vereinskameradin Jenny Schulz mit 39:48 Minuten. Alexander Jüngst (Kinderlauftreff Schlossborn) war erster Läufer, Annette Graf (TV Schlossborn) schnellste Läuferin des Jedermannslaufs. Den Kinderlauf gewannen Marius Krömer (LG Neu-Isenburg Heusenstamm) und Lea Blatz (TV Salmünster), das Walking Lennart Bornitz und Bettina Moezodine vom Ginnheimer Lauftreff. Auf den Kuchen hatten die Ginnheimer indes vergeblich gehofft: Er ging in diesem Jahr an den LT Bruchköbel, der mit 35 Teilnehmern angetreten war. (so)